Donnerstag, 28. April 2011

DTM vor dem Auftakt - Ralf Schumacher angriffslustig

Der beliebteste deutsche Rennfahrer nach Sebastian Vettel, Michael Schumacher, Nick Heidfeld, Adrian Sutil, Timo Glock, Christian Abt und zahllosen anderen, Ralf Schumacher, zeigt sich vor dem Start der neuen DTM-Saison angriffslustig. "Es ist mein viertes Jahr, die Lehrjahre sind endgültig vorbei", so der notorisch erfolglose Weltmeisterbruder. Nachdem er mit großem Wirbel 2007 in die DTM gewechselt war, ist es bislang aus sportlicher Sicht mehr als still um ihn gewesen. Seine größten Erfolge sind bisher das erfolgreiche Absolvieren der Einführungsrunde des Zandvoort-Grand Prix 2008 sowie ein geglücktes Ramm-Manöver gegen seinen Teamkollegen Bruno Spengler bei einem Edeka-Einkauf im Herbst 2009.

Trotz dieser verheerenden Bilanz, die seine ebenfalls schon mehr als unterirdische Formel1-Karriere locker unterbietet, gibt Schumacher nicht auf. Dieses Jahr wolle er "um das Treppchen mitfahren", wie er einem Schülerzeitungsredakteur verriet, ohne jedoch konkret zu benennen, ob damit das Treppchen zu seinem Teambus oder gar die Holzstufen des Caports seiner heimischen Protzvilla gemeint ist. Mercedes-Teamchef Norbert Haug ist jedoch ebenfalls zuversichtlich. "Sofern Ralf nicht im Rückwärtsgang startet, kann es ja eigentlich nur bergauf gehen", so der gewichtige Renndödel.

Mittwoch, 27. April 2011

Reiseführer: Prag

Wer kennt sie nicht, die allwöchentliche Frage nach dem nächsten Urlaubsziel? Malediven? Sand gibts auch auf dem Spielplatz genug. USA? Fettt werden kann man auch in Deutschland. Naher Osten? Guter Witz. Türkei? Wird schon einen Grund haben, warum die alle bei uns sind. Warum also nicht mal einen Abstecher ins benachbarte Tschechien wagen? Dort kommt - außer man steht auf zerfallene Dörfer, in denen zur Mittagszeit volltrunkene Saufbolde die Berge herunterstolpern - als Zielort nur die Hauptstadt Prag in Frage.

Mit 1,2 Millionen Einwohnern ist Prag die bevölkerungsreichste Stadt Tschechiens. Die Stadt durchzieht eine durch Gotik und Barok geprägte Baukunst, die zum Teil sogar noch in gutem, touristenfototauglichen Zustand vorliegt. Bekannteste Sehenswürdigkeit ist die Karlsbrücke, die die Moldau (von vielen Menschen auch liebevoll "Wolga" genannt) geschichtsträchtig überspannt. Auf der Karlsbrücke pulsiert das Leben. Dichtgedrängt versuchen Touristen aus allen Ländern der Welt (Deutschland, Italien, England, sowie vereinzelt Deutsche und Italiener), möglichst viele undurchdringbare Menschentrauben zu bilden, während sie gleichzeitig dutzende Male die Brücke und den Fluss aus allen erdenklichen Winkeln fotografieren. Untermalt wird das Geschiebe von einer sanften Symphonie verschiedender bettelnder Musiker, die ihre musikalischen Fähigkeiten auf Bratsche, Flöte oder Gitarre der Weltöffentlichkeit präsentieren. Zudem gibt es erlesene Schmuckstücke wie mundegblasene Holzringe, von Kindern geklöppelte Halsketten und wertvolle Figuren in Hülle und Fülle zu ergattern. Wer davon noch nicht genug hat, kann sich einem der zahlreichen anwesenden Zeichenkünstlern hingeben und von sich und der Liebsten in nur 4 Minuten eine Karikatur anfertigen lassen, die noch auf der Heimreise zerknittert im Mülleimer auf der Autobahnraststätte Radefeld landet.

Ein Gang auf die auf einem Berg gelegene Prager Burg ist nur für halbwegs sportliche Touristen empfehlenswert, die zudem das Fehlen einer Pommesbude im dort befindlichen Veitsdom verschmerzen können. Für den leidvollen Aufstieg wird man jedoch spätestens dann entschädigt, wenn man sich später in der Innenstadt beim McDonalds ein leckeres Orangensaft-Trinkpäckchen gönnt.

Bei gutem Wetter ist zudem eine Treetbootfahrt auf der Moldau ein lohnenswertes Unterfangen. Die langen Wartezeiten können durch ein paar simple Tricks (Bombendrohung, Kapern, etc.) deutlich verkürzt werden, so dass man in aller Ruhe eine Kiste Gambrinus auf hoher See leeren und den am Ufer Zurückgebliebenen mit dem nackten Arsch gröhlend seine Wertschätzung zu Teil kommen lassen kann.

Das Thema "Bier" gehört zu den angenehmsten Seiten der tschechischen Metropole. Selbst in den bestgelegensten Restaurants bekommt der durstige Tourist einen halben Liter frisch gezapftes Gambrinus zu einem Preis, bei dem manch deutsche Klofrau immer noch missmutig mit der Nase rümpfen würde (1,50 €). Die Dumpingpreise bei den alkoholischen Getränken wissen die Restaurantbetreiber jedoch durch geschickte Firmenpolitik (Wechselgeldbeschiss, falsche Rechnungslegung) zumeist auszugleichen. Beim Bezahlvorgang gilt also, höchste Vorsicht walten zu lassen. Im Praxistest hat sich die Drohnung, beim nächsten Besuch nur noch auf Ketten in die Stadt gefahren zu kommen, als am durchschlagskräftigsten erwiesen.

Ein weiteres Highlight stellt der Orloj, eine astronomische Uhr am historischen Rathaus, dar. Zur vollen Stunde sammeln sich wahre Menschenmassen auf dem Platz, um das gigantische, einminütige Schauspiel, bei dem sich lieblos dahingeschnitzte Holzfiguren zu einem belanglosen Gebimmel bewegen und ein demotivierter Trompetenheini ein paar Töne in alle Himmelsrichtungen furzt, mitzuerleben. Nach dieser Enttäuschung empfiehlt sich Neuankömmlingen zuallererst der Besuch in einer Wechselstube, um Bargeld für das anschließende Besäufnis einzutauschen. So fortschrittlich Tschechien auch in mancherlei Hinsicht ist (hier bitte selbsterfundenes Beispiel einsetzen), so rückständig ist es in seiner Währung. Noch immer setzt das verträumte Land auf die ehrwürdige Tschechische Krone. Bringt man als ausländischer Tourist genug Zeit mit, kann man sich mindestens die ersten drei Tage des Pragaufenthaltes damit vertreiben, die Kurse der häufiger als McDonalds in New York anzutreffenden Wechselstuben ("CHANGE") zu vergleichen.

In Punkto Abendgestaltung bietet die aus Gründen "Goldene Stadt" genannte Metropole ein reichhaltiges Angebot. Neben Stripclubs, Schwulenbars und House-Discos kann der geneigte Partygänger auch auf ein großes Repertoire aus Sexshops, Homoclubs und Electro-Dissen blicken. Besonders positiv zu erwähnen ist die allgemeine Drogenfreundlichkeit, die es einem ermöglicht, bereits ab dem morgendlichen Frühstück per Passivrauchen high zu werden.

Verkehrstechnisch gibt es in Prag nichts zu bemängeln. Straßenbahn, U-Bahn, Busse - all das gibt es zu Preisen, zu denen ein Fußmarsch unter Berücksichtigung der Sohlen-, Gelenk- und Nervenbelastung im Vergleich klar den kürzeren zieht. Auch die Anreise nach Prag ist dank omelettgroßer Straßenkrater mit einem Luftkissenboot komfortabel zu bewerkstelligen. Nach langer Fahrt empfiehlt sich eine Thai-Massage oder eine standesgemäße Prügelei in der Prager Obdachlosenszene.

Bei der Wahl der Unterkunft hat man, je nach Geldbeutel, einen nahezu unendlichen Spielraum. Vom organhandelnden Hostel mit Schienenanschluss über negerbetriebene Behausungen mit hakelndem Kickertisch bis hin zum schwanzverlängernden Kempinski-Hotel sind alle Komfortkategorien in Prag zu finden. Besonders auch für ein gemütliches Abendessen zu empfehlen ist das Brauereihotel U Medvídků, welches als exklusive Attraktion nicht nur die unfreundlichsten, griesgrämigsten und menschenverachtensten Angestellten, sondern auch das angeblich stärkste Bier der Welt, das "XBEER-33" selbst zusammenbraut. Als besondere Essenspezialität sei zudem jedem Besucher das berühmte "Lendendings" ans Herz gelegt.

Als abschließendes Fazit kann also konstatiert werden, dass Leute, die keine Angst vor bescheißenden Kellnern, Massen von Italienern oder für Bootsfahrten werbenden Piraten haben, sich in Prags Hauptstadt mehr als wohl fühlen und die Reise nach Tschechien nicht bereuen werden.

Mittwoch, 13. April 2011

Goodbye St. Pauli, hello SAP!

Holger Stanislawski hat heute bekanntgegeben, am Saisonende auf St. Pauli einen Schlussstrich zu ziehen und den Club gen Hoffenheim zu verlassen. Obwohl der "Kultclub vom Kiez" (Eigenwerbung/Mediengeplapper) mitten im Abstiegskampf steckt, scheint Stanislawski seinen Fokus auf seine eigene Karriere gelegt zu haben. Dabei soll Geld angeblich nicht das Hauptargument gewesen sein, denn niemand habe ihm mehr geboten als St. Pauli, wie der Coach heute betonte. Es sei jedoch Zeit für einen persönlichen Neuanfang und eine berufliche Weiterentwicklung. "Zudem möchte ich einmal Heimspiele haben, wo auch noch Zuschauer ins Stadion dürfen", so der 41-Jährige. Natürlich werde er den "etwas anderen Club" (Eigenwerbung/Mediengeplapper), bei dem er 18 Jahre lang tätig war, vermissen. "Diese niedliche Eisenbahn, die den VIPs ihr äußerst bodenständiges Essen vorbeibringt, ist schon einmalig, ebenso wie die überaus antifaschistischen Fans, die sogar den Konsum von vollen Bierbechern aus eigener Überzeugung ablehen."

Bei den Anhängern des "verrückten Hamburger Cubs" (Eigenwerbung/Mediengeplapper) stößt vor allem der Zeitpunkt der Wechselbekanntgabe und der zukünftige Club Stanislawskis auf Entrüstung, Abneigung und Wut. "Ich kann ihn verstehen", so beispielsweise "braunweiss_für_immer" in einem Internetforum. "Song2" hingegen äußert "volles Verständnis für Stani", während "acab07" von einem "logischen Schritt der Weiterentwicklung" spricht.

Bei der TSG Hoffenheim 1899 freut man sich derweil auf den neuen Coach. "Jetzt, da wir diesen Mann, dessen Namen eh keiner schreiben, lesen oder gar behalten konnte, endlich vor die Tür gesetzt haben, kann es endlich wieder aufwärts gehen", so Vereinsmaskottchen Dietmar "Die Zielscheibe" Hopp.

Donnerstag, 7. April 2011

FDP: Wiedergeburt des Liberalismus?

Seit Dienstag steht es fest: Philipp Rösler stellt sich als neuer FDP-Parteichef zur Wahl und wird somit aller Voraussicht nach Nachfolger von Guido Westerwelle. Nach seinem Willen übernimmt er dann auch die von der Mehrzahl unterbelichteter Medien zu Unrecht als "Amt des Vizekanzlers" bezeichnete Aufgabe des Stellvertreters der Bundeskanzlerin. Westerwelle hingegen will sich voll auf seine Aufgabe als Außenminister konzentrieren, um in seiner verbleibenden Amtszeit "noch so viele Bündnispartner wie möglich zu verprellen", wie er kichernd mitteilte.

Doch nun steht nicht mehr der weggejagte Westerwelle, sondern der junge Rösler im Mittelpunkt des Medieninteresses. Bereits am Dienstagabend konnte er seine auswendig gelernten Thesen mit unnachahmlichem Charme auf diversen TV-Kanälen unter das gähnende Volk bringen. Er überzeugte durch schwammige Forderungen, weichgespülte und in Watte verpackte Schuldzuweisungen und sein ingesamt wunderschönes, bubenhaftes Auftreten. In der eigenen Partei gilt er als der Hoffnungsträger für die völlig verzweifelten Liberalen. "Dass man jetzt schon einem vietnamesischem Jüngling unsere Zukunft in die Hand legt, ist eigentlich unbegreiflich, aber besser als diesem dementen Greis oder der Ollen" - so der Haupttenor vieler Parteimitglieder.

Doch wer genau ist dieser Rösler eigentlich? Als Bundesgesundheitsminister verhielt er sich für viele Deutsche viel zu rückhaltend. Dennoch erreichte er von vielen unbemerkt erstaunliche Erfolge. Nicht nur dass er sich bei überbezahlten Ärzten und Doktoren unbeliebt machte, nein, er setzte außerdem eine revolutionäre Kostenbeschränkung für neue Medikamente durch und trieb so die gesamte Pharmabranche in Rage, die nun fürchtet, ihren Aktionären auf Jahreshauptversammlungen nur noch billigen Kaviar anbieten zu können.

Doch schon vor seiner Karriere im Bund machte Rösler - selbstverständlich ebenfalls weitgehend unbemerkt von der Großzahl der Deutschen - im Bauern- und Atomland Niedersachsen positiv auf sich aufmerksam. Als promovierter Augenarzt bewies er Weitsicht und sparte seine Kräfte für das höhere Amt auf. Das halbe Jahr als Wirtschaftsminister unter Christian Wulff überstand er schadlos und souverän, ohne die Arbeitslosenzahlen merklich in die Höhe zu treiben. Dem Ruf nach Berlin folgte der Vater von zwei Zwillingstöchtern erst nach reiflicher Überlegung (10 Minuten) und Abwägung familiärer Interessen (Geld). Schon bei diesem Schritt war ihm der Hang zur Selbstzerstörung deutlich anzumerken, ist doch das Amt des Gesundheitsministers bekanntermaßen eines der unpopulärsten im Lande.

Nun geht er seinen Weg jedoch konsequent weiter und wird in den nächsten Monaten versuchen, seine politische Karriere mit Hilfe einer am Boden liegenden Partei weiter in den Abgrund zu treiben, um sein Ziel, mit 45 Jahren die politische Karriere zu beenden, vielleicht noch früher zu erreichen als von vielen erwartet - dies wäre der größte Erfolg seiner Karriere.

Freitag, 1. April 2011

Abenteuer Postagentur - Nur die Ruhigen überleben

Sie sprießen aus dem Boden wie räudige Hunde - Postagenturen. Seit Jahren schließt die Deutsche Post AG immer mehr ihrer liebgewonnenen, eigenen Filialen und setzt auf mutige Dritte, die in ihren Tankstellen oder Supermarktkiosken die Dienstleistungen des gelben Riesen an schwitzende Kunden verkaufen wollen. Für den Kunden bedeutet das eigentlich nur Vorteile. Er kann nach dem Großeinkauf beim Edeka schnell noch ein paar Dosen Hundefutter an die Geburtstag habende Oma verschicken, ohne einen Umweg in Kauf nehmen zu müssen. Oder sich schnell vom Postbank-Konto das benötigte Kleingeld für die teuren Kippen besorgen, die er dann nur einen Tresen weiter unter gierigem Gesabber bei derselben Verkäuferin bezahlen kann. Kurze Wege, voller Service - so weit die Theorie.

In der Praxis entpuppt sich das "Ich geh mal eben kurz noch zur Post"-Vorhaben jedoch meistens als nicht enden wollender Alptraum. Hat man gerade noch die Wartezeit an der Kasse des Supermarktes durch Verzehr seines halben Einkaufs knapp überlebt ohne den kleingeldsuchenden Rentnern die Fresse poliert oder der schmierigen, bei jedem dritten Artikel aus Wissenslücken die Kollegin um Rat suchenden Kassenkraft die für 15 Cent erworbene Plastiktüte bis zum Exitus über den Kopf gestülpt zu haben, wartet die eigentliche Zerreißprobe erst in der Schlange vor dem Schalter der Postagentur.

Denn, so muss man leidend feststellen, man ist mal wieder nicht der einzige, der eine Paketbenachrichtigungskarte im Briefkasten vorgefunden hat, obwohl man am Vortag die ganze Zeit zu Hause war. So findet man sich unvermittelt in einer müffelnden Schlange voller angewiderter Studenten, nach Knoblauch stinkender Türken und bis zur Unkenntlichkeit zerschminkter Möchtergern-Business-Ladys wieder. Die erste Einschätzung, dass ja nur fünf Personen vor einem sind und es deswegen schon nicht so lange dauern wird, muss man bereits nach fünf Minuten korrigieren, wenn man sieht, dass man noch keinen Zentimeter vorangekommen ist. Grund: natürlich wird von den zwei verfügbaren Schaltern nur einer benutzt, der zweite wird aus nachvollziehbaren Gründen seit jeher als Ablagefläche für sich stapelnde Pakete missbraucht - und Personal wäre ohnehin nicht vorhanden. Die einzige Hoffnung der Wartenden besteht in der kleinen, verlebten Frau, die zwischen Postschalter und Kioskkasse hin- und hertrabt, garniert mit einem Gesicht, das mehr Bände spricht als eine Bertelsmann-Enzyklopädie beinhaltet. Nennen wir sie Uschi.

Was bleibt einem nun übrig, außer den Blick in das Zeitschriftenregal schwenken zu lassen, neben dem man gerade ansteht. Pferdemagazine, so weit das Auge blickt. Währenddessen dringen Wortfetzen vom Schalter zum hinteren Teil der Schlange. Natürlich habe er noch Geld auf dem Konto, wie denn das sein könnte, da muss ein Irrtum vorliegen und sowieso könne das alles gar nicht wahr sein, beteuert der rüstige Rentner voller Inbrunst. Es nützt ihm wenig, nach zehn Minuten gibt er schließlich abgekämpft auf und verlässt stampfend, fluchend und mit hochrotem Kopf den Laden. Hoffnung keimt auf in der Schlange der Geächteten. Doch diese währt nur kurz. Schließlich ist jetzt erst einmal wieder die Konkurrenz an der Reihe. Lottospieler. Jenes verdummte Pack, das jede Woche aufs Neue versucht, dem trostlosen Leben durch sieben Kreuzchen zu entfliehen und dabei nicht merkt, dass mit dem über Jahre verspielten Geld längst ein anständiger Urlaub in einem billigen Touristenstaat drin gewesen wäre.

Dann, plötzlich und unerwartet, ein neuer Hoffnungsschimmer. Der Türke gibt auf. Nach dem geschätzt fünfzigsten Blick auf die goldgefärbte Plastikuhr schert er zur Freude aller mit einem Kopfschütteln aus der Warteschlange aus. Das erste Opfer der Folterstube ist gefunden. In den Augen der Hinterbliebenen lässt sich nach diesem Geschehnis wieder ein Funken Motivation erkennen, der nach wenigen Sekunden direkt wieder erlischt, als die nun zum Schalter vorgedrungene, ihren Lebensabend bald erreicht zu haben scheinende alte Frau ihr Anliegen vorbringt. Sie wolle ihrem Enkelsohn eine Freude machen, habe aber weder ein Geschenk noch Ahnung von den verschiedenen Versandmöglichkeiten sowie den daraus resultierenden Kosten. Im Geiste muss man sich davon abhalten, der Oma nicht augenblicklich einen der herumliegenden Kugelschreiber von hinten durch die Schädeldecke zu rammen. Nur der mahnende Blick des "Wendy"-Titelbildes verhindert eine Katastrophe.

Das Problem löst sich dann schneller als erwartet, als Uschi der alten Frau ungewohnt barsch entgegnet, dass sie sich solche Sachen zu Hause überlegen müsse, schließlich sei man hier kein Geschenkberater. Als sie der verdatterten Rentnerin schließlich mit einer abweisenden Geste eine Preistabelle in die Hand drückt und sie auf die hinter ihr wartenden Personen aufmerksam macht, möchte man fast so laut applaudieren wie ein peinlicher deutscher Tourist bei der Routinelandung eines Urlaubsfliegers.

Nur noch die aufgetakelte Bürotussi zwischen dem Schalter der Begierde und dem eigenen, leidenden Körper - und erst achtzehn Minuten seit Beginn des Tortur vergangen. Das Leben ist schön! Gerne sieht man im Angesicht der Euphorie darüber hinweg, dass Uschi zunächst wieder den Schalterplatz gegen die Kioskkasse eintauscht und mit einem Verkauf der "BILD" die politische Meinungsbildung des Landes ankurbelt. Und dass sie beim nächsten Kunden über eine Minute braucht, um den richtigen Tabak zu finden - geschenkt!
Schließlich macht sie auch nur ihre Arbeit - wenn auch in der Geschwindigkeit einer Schildkröte mit Gipsfuß und der Motivation eines DFB-Nationalspielers in einem Testspiel. Und dass gerade jetzt auch noch die Papierrolle der Kasse leer ist, dies offensichtlich ein unvorhersehbareres Ereignis als eine Kernschmelze ist und weitere drei Minuten des eigenen Lebens kostet, all dies ist Nebensächlich. Denn gleich ist es geschafft.

Die Business-Schnepfe wird in Rekordtempo abgefertigt. Lediglich zwei Stornobuchungen, fünf Rückfragen und zwei Korrekturen auf dem Paketschein sind nötig, um ihre Sendung per Fußtritt in den Abfertigungscontainer zu befördern. Zitternd und ungläubig vor Glück sieht man sich nun dem freien Schalter ausgesetzt. Es ist soweit! Endsieg! Mit einer Glücksträne im linken Auge und euphorischem Grinsen knallt man Uschi seine Postbenachrichtigungskarte auf den Tresen, ringt sich sogar noch zu einem gespielt-freundlichen "Hallo" durch, das selbstverständlich nicht erwidert wird. Mürrisch macht sich Uschi dann auf zur großen Suche. Die Ablage der eingegangenen Pakete erfolgt offenichtlich nach dem langjährig erprobten Chaos-System, was dazu führt, dass jedes dritte Paket von ihr umgedreht und begutachtet werden muss. Nach Minuten dann der Satz, der einen innerlich sterben, verfaulen und versteinern zugleich lässt: "Hab ich nich hier, müssen ´se morgen nochma wiederkommen.."

Erst gut eine Woche später, nachdem man im Krankenhaus aus dem Koma erwacht, folgt dann das klassische Happy End. "Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen, Ihre Sendung wurde sieben Tage gelagert und mittlerweile an den Empfänger zurückgeschickt...."