Mittwoch, 27. April 2011

Reiseführer: Prag

Wer kennt sie nicht, die allwöchentliche Frage nach dem nächsten Urlaubsziel? Malediven? Sand gibts auch auf dem Spielplatz genug. USA? Fettt werden kann man auch in Deutschland. Naher Osten? Guter Witz. Türkei? Wird schon einen Grund haben, warum die alle bei uns sind. Warum also nicht mal einen Abstecher ins benachbarte Tschechien wagen? Dort kommt - außer man steht auf zerfallene Dörfer, in denen zur Mittagszeit volltrunkene Saufbolde die Berge herunterstolpern - als Zielort nur die Hauptstadt Prag in Frage.

Mit 1,2 Millionen Einwohnern ist Prag die bevölkerungsreichste Stadt Tschechiens. Die Stadt durchzieht eine durch Gotik und Barok geprägte Baukunst, die zum Teil sogar noch in gutem, touristenfototauglichen Zustand vorliegt. Bekannteste Sehenswürdigkeit ist die Karlsbrücke, die die Moldau (von vielen Menschen auch liebevoll "Wolga" genannt) geschichtsträchtig überspannt. Auf der Karlsbrücke pulsiert das Leben. Dichtgedrängt versuchen Touristen aus allen Ländern der Welt (Deutschland, Italien, England, sowie vereinzelt Deutsche und Italiener), möglichst viele undurchdringbare Menschentrauben zu bilden, während sie gleichzeitig dutzende Male die Brücke und den Fluss aus allen erdenklichen Winkeln fotografieren. Untermalt wird das Geschiebe von einer sanften Symphonie verschiedender bettelnder Musiker, die ihre musikalischen Fähigkeiten auf Bratsche, Flöte oder Gitarre der Weltöffentlichkeit präsentieren. Zudem gibt es erlesene Schmuckstücke wie mundegblasene Holzringe, von Kindern geklöppelte Halsketten und wertvolle Figuren in Hülle und Fülle zu ergattern. Wer davon noch nicht genug hat, kann sich einem der zahlreichen anwesenden Zeichenkünstlern hingeben und von sich und der Liebsten in nur 4 Minuten eine Karikatur anfertigen lassen, die noch auf der Heimreise zerknittert im Mülleimer auf der Autobahnraststätte Radefeld landet.

Ein Gang auf die auf einem Berg gelegene Prager Burg ist nur für halbwegs sportliche Touristen empfehlenswert, die zudem das Fehlen einer Pommesbude im dort befindlichen Veitsdom verschmerzen können. Für den leidvollen Aufstieg wird man jedoch spätestens dann entschädigt, wenn man sich später in der Innenstadt beim McDonalds ein leckeres Orangensaft-Trinkpäckchen gönnt.

Bei gutem Wetter ist zudem eine Treetbootfahrt auf der Moldau ein lohnenswertes Unterfangen. Die langen Wartezeiten können durch ein paar simple Tricks (Bombendrohung, Kapern, etc.) deutlich verkürzt werden, so dass man in aller Ruhe eine Kiste Gambrinus auf hoher See leeren und den am Ufer Zurückgebliebenen mit dem nackten Arsch gröhlend seine Wertschätzung zu Teil kommen lassen kann.

Das Thema "Bier" gehört zu den angenehmsten Seiten der tschechischen Metropole. Selbst in den bestgelegensten Restaurants bekommt der durstige Tourist einen halben Liter frisch gezapftes Gambrinus zu einem Preis, bei dem manch deutsche Klofrau immer noch missmutig mit der Nase rümpfen würde (1,50 €). Die Dumpingpreise bei den alkoholischen Getränken wissen die Restaurantbetreiber jedoch durch geschickte Firmenpolitik (Wechselgeldbeschiss, falsche Rechnungslegung) zumeist auszugleichen. Beim Bezahlvorgang gilt also, höchste Vorsicht walten zu lassen. Im Praxistest hat sich die Drohnung, beim nächsten Besuch nur noch auf Ketten in die Stadt gefahren zu kommen, als am durchschlagskräftigsten erwiesen.

Ein weiteres Highlight stellt der Orloj, eine astronomische Uhr am historischen Rathaus, dar. Zur vollen Stunde sammeln sich wahre Menschenmassen auf dem Platz, um das gigantische, einminütige Schauspiel, bei dem sich lieblos dahingeschnitzte Holzfiguren zu einem belanglosen Gebimmel bewegen und ein demotivierter Trompetenheini ein paar Töne in alle Himmelsrichtungen furzt, mitzuerleben. Nach dieser Enttäuschung empfiehlt sich Neuankömmlingen zuallererst der Besuch in einer Wechselstube, um Bargeld für das anschließende Besäufnis einzutauschen. So fortschrittlich Tschechien auch in mancherlei Hinsicht ist (hier bitte selbsterfundenes Beispiel einsetzen), so rückständig ist es in seiner Währung. Noch immer setzt das verträumte Land auf die ehrwürdige Tschechische Krone. Bringt man als ausländischer Tourist genug Zeit mit, kann man sich mindestens die ersten drei Tage des Pragaufenthaltes damit vertreiben, die Kurse der häufiger als McDonalds in New York anzutreffenden Wechselstuben ("CHANGE") zu vergleichen.

In Punkto Abendgestaltung bietet die aus Gründen "Goldene Stadt" genannte Metropole ein reichhaltiges Angebot. Neben Stripclubs, Schwulenbars und House-Discos kann der geneigte Partygänger auch auf ein großes Repertoire aus Sexshops, Homoclubs und Electro-Dissen blicken. Besonders positiv zu erwähnen ist die allgemeine Drogenfreundlichkeit, die es einem ermöglicht, bereits ab dem morgendlichen Frühstück per Passivrauchen high zu werden.

Verkehrstechnisch gibt es in Prag nichts zu bemängeln. Straßenbahn, U-Bahn, Busse - all das gibt es zu Preisen, zu denen ein Fußmarsch unter Berücksichtigung der Sohlen-, Gelenk- und Nervenbelastung im Vergleich klar den kürzeren zieht. Auch die Anreise nach Prag ist dank omelettgroßer Straßenkrater mit einem Luftkissenboot komfortabel zu bewerkstelligen. Nach langer Fahrt empfiehlt sich eine Thai-Massage oder eine standesgemäße Prügelei in der Prager Obdachlosenszene.

Bei der Wahl der Unterkunft hat man, je nach Geldbeutel, einen nahezu unendlichen Spielraum. Vom organhandelnden Hostel mit Schienenanschluss über negerbetriebene Behausungen mit hakelndem Kickertisch bis hin zum schwanzverlängernden Kempinski-Hotel sind alle Komfortkategorien in Prag zu finden. Besonders auch für ein gemütliches Abendessen zu empfehlen ist das Brauereihotel U Medvídků, welches als exklusive Attraktion nicht nur die unfreundlichsten, griesgrämigsten und menschenverachtensten Angestellten, sondern auch das angeblich stärkste Bier der Welt, das "XBEER-33" selbst zusammenbraut. Als besondere Essenspezialität sei zudem jedem Besucher das berühmte "Lendendings" ans Herz gelegt.

Als abschließendes Fazit kann also konstatiert werden, dass Leute, die keine Angst vor bescheißenden Kellnern, Massen von Italienern oder für Bootsfahrten werbenden Piraten haben, sich in Prags Hauptstadt mehr als wohl fühlen und die Reise nach Tschechien nicht bereuen werden.

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